BAD DOC

14.11.2024

My Cosmos is Mine. Eigentlich sollte das jetzt mein letzter Eintrag werden. Der Text war schon geschrieben. So in etwa: Der Doc ist heute an einer Überdosis verstorben. Mein Mann hätte nur noch auf Abschicken klicken müssen. Aber es kam anders. Es kamen drei stressige Ereignisse zusammen. Klar alles kein Grund um die Fliege zu machen. Aber ich sehnte mich so nach ewiger Ruhe und Stille. Wobei es ja keine Garantie gibt. Aber so stelle ich es mir in meiner Phantasie eben vor. Dass endlich alles vorbei ist. Walhalla.

Es sollte also eine Fixies Night in suizidaler Absicht werden. Um ca. 21 Uhr ging es los. Ein Knaller nach dem Anderen. Bis ca. 4 Uhr morgens. Jedesmal die Dosis weiter erhöht. Am Anfang noch glatt gestrichene Löffelchen. Gegen später dann immer gehäuftere Pulvy Berge auf dem Löffel. Ich glaub die letzte Injektion waren 2 oder 3 gehäufte Heroin Löffel sowie 5 gehäufte Kokain Löffelchen in der Gun. Insgesamt hab ich in der Nacht locker 4 Gramm Koks und 2 oder 3 Gramm Heroin weggeballert. Und jedesmal gedacht, jetzt...

Aber ich hab mich nur immer weiter weggeschossen. Die Musik im Hintergrund verzog sich ins Unkenntliche. Die Ohren rauschten. Irgendwann hab ich gar nix mehr gehört. Nur noch Blitze im Gehirn. Ich hab so gehofft, dass ich endlich ohnmächtig werde, und für immer einschlafe. Aber das passierte einfach nicht. Gegen Vier Uhr spürte ich wie sich mein Oberkörper jetzt immer weiter nach vorne beugte. Mir war dann klar, dass ich gerade vom Stuhl fallen werde.

Aufstehen oder eine weitere Spritze aufkochen war echt nicht mehr möglich. Meine Beine und Hände hatten einen so enormen Tremor und schlaggerten was das Zeug hielt. Ich rutschte folglich immer weiter vom Stuhl und hab die Arme und Hände Richtung Boden ausgestreckt, und bin dann halb gefallen und halb hab ich mich mit den Händen und Armen Richtung Boden abgerollt. Und da lag ich.

Was bis dahin eine schöne Erfahrung war schlug dann schlagartig in etwas Ekelhaftes um. Meine Atmung wurde immer schneller. Ich hyperventilierte. Meine Stimme versagte komplett. Bewegen konnte ich mich auch nicht mehr. So lag ich dann bis ca. 8 Uhr auf dem Boden. Wenn Ihr meint, das wär das Ende dann wartet mal ab...

Gegen 8 Uhr hab ich mich mit letzter Kraft am Stuhl hochgezogen um an das Handy auf dem Schreibtisch zu gelangen, weil mir klar wurde dass das mit dem Sterben heute nix mehr wird. Ich hab dann x-mal 112 gewählt und hatte so gehofft, dass die über die schnelle Atmung checken dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt, und dann über die angezeigte Nummer die Adresse rausfinden. Aber die haben alle immer nur gesagt: Sprechen Sie! Reden Sie! Sagen Sie was! Und dann haben die von 112 alle aufgelegt. Das war eine sehr frustrierende und enttäuschende Erfahrung mit denen von 112.

Ich hab dann aus lauter Not meinen Mann im Büro angerufen und gehofft, dass er kapiert dass ich nicht sprechen kann. Das gleiche in grün. Immer wieder: Rede doch mit mir. Ich hab auf die Fliesen geklopft um Ihm deutlich zu machen, dass das einfach nicht ging. So lief es bestimmt 10 Minuten bis endlich die erlösenden Worte kamen: Ich komm vorbei. In dem Moment war ich überglücklich!!!

Meine Atmung hat sich nochmals so stark beschleunigt, dass gar nix mehr ging. Als mein Mann mit den Worten "Was ist denn jetzt schon wieder" zur Tür herein kam und mich auf dem Boden liegen sah, schlug seine Stimme sofort um, und er hat das einzig richtige getan. Die 112 gewählt. Adresse durchgegeben mit dem Verdacht auf Überdosis. So schnell war der Rettungsdienst glaub noch nie...

Ich konnte auch nicht die Augen öffnen, und so hab ich in der Zeit bis der Rettungswagen dann kam mit Handzeichen meinem Mann übermittelt was ich alles genommen hab. Er hat die Stoffe und Medis abgefragt, und ich hab dann die Dosen und Anzahl mit den Fingern angezeigt, Das ging grad so lala, so dass er den Sanis das wichtigste sagen konnte. Die waren total überfordert mit meinem Zustand, dass Sie dann auch noch den Notarzt angefordert haben, der dann blitzschnell auch noch in der Wohnung war. Will man net.

Sie hielten mir dann eine Papiertüte hin um die Hyperventilation zu beruhigen was auch geklappt hat. Dann legten Sie einen Block auf den Boden und drückten mir einen Stift in die Hand und so wurden die wichtigsten Daten abgefragt. Ich war ja bei Bewusstsein und konnte die Leute auch verstehen, nur selber sprechen ging nicht.

Sie haben mich dann zu zweit oder dritt gepackt und auf die Beine gestellt. Mann war ich noch wacklig. Dann haben Sie mich in einen Sessel gedrückt und der Notarzt sagte zu mir ich solle die Augen aufmachen, was ich dann auch tat. Das erste was ich sah war wie der Arzt mit der Hand vor meinem Gesicht rumwischte und sowas sagte wie "Willkommen im Leben". Wir müssen Sie aber jetzt ins Krankenhaus verlegen. Da kam von mir nur ein Achselzucken, was etwas zur allgemeinen Erheiterung beitrug. Dann also die Intensive.

Auf der Fahrt in das Krankenhaus war dann auch plötzlich meine Stimme wieder da. Ich zählte bis 10 durch und von Montag bis Sonntag und sagte dem Sani der hinten bei mir saß, dass ich jetzt wieder sprechen kann. Dann wurden nochmal alle Medis, Pulver, Anzahl, Allergien, sonstige Krankheiten etc. abgefragt. Und dann wurde ich erst in die Notfallambulanz abgeschoben. Das war heftig.

Die waren dort so dermaßen überlastet dass ich erstmal nur eine Kochsalzlösung als Infusion hatte. Und da ging die Kokswirkung nochmal so richtig los. So stark hab ich sie weder nachts noch auf dem Boden erlebt wie dann im Bett auf der Überwachungsstation. Das war so stark, dass ich jederzeit mit einem Hirninfarkt gerechnet hab. Ganz starkes Herzrasen. Mega Tremor in Beine und Arme und lauter Blitze im Gehirn. Die Schläfen hämmerten wie wild und ich hatte das Gefühl, dass mein Gehirn unbedingt aus der Begrenzung Schädel rauswollte und jederzeit mein Kopf platzt und die ganze Masse sich überall verteilt. Da hab ich Rotz und Wasser geheult...

Die Ärzte dort haben dann in einer Giftzentrale angerufen und eine Infusion zusammengestellt. Und DIE Infusion war der Hammer. Da war glaube ich von allem ein bisschen was drinn. Auf jeden Fall wunderschöne Gefühle. Das ganze Eklige ließ schlagartig nach. Das dufte ich dann etwa 2 Stunden genießen, dann wurde ich von der schönen Infusion abgeklemmt und kam wieder an eine trostlose Kochsalzlösung und wurde endlich auf die Intensivstation verlegt.

Und da lag ich dann also. Die Schwestern sagten mir, dass wenn ich versuche auszubüchsen sie die Blauen einschalten müssten die mich dann per Haftbefehl suchen würden. Ich hab den Schwestern hoch und heilig versprochen, dass ich nicht hier bin um Probleme zu machen. Danach kam eine Psychologin die feststellen musste ob ich wegen der Suizidalität in die Psychiatrie zwangseingewiesen werden muss. Da war ich dann endgültig bedient. Auf keinen Fall!

Also in DER Situation auch noch ein intellektuelles Kräftemessen mit einer Frau Dr. phil - das konnte ja nur heiter werden. Scheinbar trat ich so stabil auf, dass Sie zu dem Schluss kam dass Zwang hier nix bringt sondern eher eine ambulante Verhaltenstherapie. Sie hat mir noch ins Gesicht gesagt, dass Sie eine Borderline Störung bei mir vermutet. Ein Running Gag. Immer wenn man psychiatrisch in keine Kategorie passt wird die Diagnose halt Borderline. Aber ich hab meinen Mund gehalten. Sie hat dann noch gemeint, dass ich nie mit Klienten arbeiten dürfe. Da wäre ich viel zu sarkastisch und verletzend gegenüber dem Klientel eingestellt - womit Sie auch Recht hat. Ich bin einfach Perfektionist und erwarte das auch vom Gegenüber. Und wenn man 6-8 mal sagen muss dass der Klient endlich dieses oder jenes mitbringen soll reisst bei mir der Faden.

Eine Dozentur könnte Sie sich sehr gut bei mir vorstellen. Die Gute. Blöd nur dass mich mit dem Hintergrund niemand mehr einstellt. Aber das ist eine andere Diskussion. Also Psychiatrie abgewendet. Jetzt musste ich die Nacht auf der Intensiv rumbringen. Die Betten sind zu kurz. Überall piept es. Alle halbe Stunde bläst sich dann die Blutdruckmanschette auf. Krankenhaus ist wirklich nicht angenehm. Dann wollten sie zwischen 4 und 5 Uhr unbedingt Blut abnehmen. Tja, die Arme waren halt Fix und Foxy. Also hat die Schwester den Arzt verständigt, welcher in der Nacht Aufsicht hatte. Ein Alptraum.

Ein wirklich sehr unfähiges Exemplar. Sprach kaum Deutsch. Und ich sollte dann erklären weshalb meine Arme so steinhart waren. Steht doch alles in der Akte, Mensch! Dann hat er nach ettlichen Versuchen vorne am Handgelenk noch eine Vene gefunden und so schmerzhaft gestochen. Da bin ich nach einem halben Jahr ein besserer Fixer als dieser Assistenzarzt. Auf jeden Fall konnte er da noch zwei Ampullen abzapfen und was macht er dann? Er zieht die Nadel nicht gerade raus sondern biegt die Nadel so halbmondartig nach oben. Das war vielleicht ein Schmerz. Noch Tage später!!!

Vormittags war dann Visite und ich wurde gefragt ob ich entlassen werden möchte. Meine Werte waren wieder gut. Also ja klar. Nix wie heim. Ich war so bedient. Und mein Entschluss stand fest. Das war es jetzt mit den Junkie und Heroin sowie Kokain Experimenten.

Ich wurde dann von meinem Mann abgeholt und wir sind dann erst heim gefahren, und haben alles, komplett alles, auch den Venen Finder für 2000 Euro in eine Reisetasche gepackt und sind in die Substipraxis gefahren. Dort einen Termin beim Chef ausgemacht und reinen Tisch gemacht. Er war echt so glücklich über den Venen Finder. Die Praxis wollte sich eh einen anschaffen. Wir hatten ein ziemlich langes Gespräch und der Chef war richtig erschüttert...

Er hat sich dann großartig um mich gekümmert. War echt super. Aber erschreckend für mich war so im Rückblick wie ich mich vom blutigsten Anfänger der wirklich alles falsch gemacht hat was man nur falsch machen kann dann innerhalb von Monaten zu einem Profifixer entwickelt hat. Und auch wie diese ganze Sucht und die Gierspirale immer schneller eskaliert ist. Das hätt ich nie gedacht.

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